1. Tag / 17.02.23
Heute geht es
endlich los.
Nach 4 Jahren werde
ich wieder nach Tansania fliegen.
Seit über 11 Jahren
begleite ich Kirimia Ilomo während seiner Ausbildung in Deutschland
zum Diakon und zum Physiotherapeuten als Mentor. Seit 2016 ist er
wieder zurück in Tansania, in Tandala. Innerhalb des seit 1990
bestehenden Diakoniezentrums hat er / haben wir den
physiotherapeutischen Bereich aufgebaut.
Tandala ist ein Dorf
und liegt in den Bergen auf ca. 2000m Höhe, im Süden des Landes
Mit dem Nachbardorf
Ikonda ist Tandala „verschmolzen“. In Ikonda gibt es ein
Krankenhaus, welches von Italienern / katholisch privat geführt
wird. Es zählt wohl zu qualitativ besten des gesamten Landes.
Natürlich bin ich
gespannt, wie es diesmal wird, was sich alles in den vergangenen 4
Jahren verändert hat.
Eine Historie des
Diakoniezentrums und meiner bisherigen Besuche 2016 / 2017 / 2019
habe ich in den Blogs www.torstenintansania.blospot.com
, www.torstenintansania2.blogspot.com
und www.torsten-team-in-tansania3.blogspot.com
bereits geschildert.
Was diesmal auf
jeden Fall anders sein wird ist, dass ich die gesamte Zeit alleine
dort sein werde und sich die Leitungsebene verändert hat / verändern
wird.
Sedekia Luvanda und
Elikana Kitahenga, die das Zentrum aufgebaut und bisher geleitet
haben, wurden im Sommer in den Ruhestand offiziell verabschiedet.
Elikana wird aber übergangsweise für 2 Jahre im reduzierten Umfang
weiter tätig sein und so den Übergang für seine Funktion aktiv
mitgestalten.
Mit beiden habe ich
während meiner Diakonausbildung in Neinstedt / Ostharz zusammen
gelebt.
Ganz allein bin ich
erst mal nicht. Mutter und Bruder von Simon, ein Freiwilliger, der
sein soziales Jahr im Diakoniezentrum seit September verlebt,
begleiten mich ab Istanbul.
Sie werden mich auch
in der ersten Woche mit dabei sein.
Simon ist in dem
Jahr vorwiegend Kirimia zugeteilt.
Die Anreise ging
also über Istanbul, Daressalam und weiter mit einem Inlandsflug nach
Mbeya.
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Ankunft an einem der vielen Gepäckkontrollen in Tansania
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In Mbeya wurden wir
von Jona, Daudi und Simon mit einem Jeep abgeholt und nach ca. 120 km
bzw. 4,5 Stunden Fahrt durch das Gebirge erreichten wir sehr
erschöpft Tandala.
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im Jeep
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eine Umfahrung des LKW bedarf einiges an Können
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Das anstrengendste
der Fahrt waren die Wartezeiten zwischen den Flügen und die
umfangreichen und zum Teil nicht nachvollziehbaren Gepäckkontrollen
in Tansania.
Schon auf der Fahrt
erlebte ich die erste Veränderung: Bisher waren die Straßen in
diesem Gebiet zu 90% „offroad“ – also nicht asphaltiert. Das
bedeutet vor allem in der Regenzeit, wenn die Straßen aufgeweicht
sind, ein großes fahrerisches Können und zum teil auch
„Gottvertrauen“.
Und in dieser Zeit
herrscht hier die Regenzeit…….
Die Veränderung
ist, dass die letzten 30 km bis Tandala asphaltiert sind! Eine breite
Straße zieht sich durch das Gebirge. Der gefühlte Unterschied ist
mehr als Tag und Nacht.
Im Zentrum wurden
wir auf das herzlichste begrüßt und in einer kleinen Runde gab es
leckeres Abendbrot.
Zufrieden und
erschöpft sank ich ins Bett.
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Impressionen vom Diakoniezentrum:
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der zentrale Ort
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Die Einfahrt zum Zentrum
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ein Seminarhaus
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die Lodge
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die Physiotherapie
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die Tischlerei
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die Schneiderei.........
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...und die Chefin, Ronesta
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| die Avocadoplantage |
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hier wird gekocht
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ein Teig wird vorbereitet
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die Azubis werden eingewiesen
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Schulmaterialien, die verteilt werden
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2. Tag / 19.02.23
Es ist Sonntag. Das
heißt, ich / wir dürfen um 10 Uhr zum Gottesdienst.
Dort wurden wir dann
der gesamten Gemeinde begrüßt und vorgestellt. Auch wir durften
einige Worte verlieren.
Nach über 2 Stunden
inklusive einer 1-stündigen Predigt verließen wir (vorzeitig) den
Gottesdienst.
Die Sonne schien, es
war warm und das saftige Grün der Landschaft blendete mich. So grün
hatte ich es hier noch nie erlebt.
Es ist Tradition im
Diakoniezentrum, dass man am Wochenende und zum Teil in der Woche
(als europäischer Besucher) in eine Familie eines Mitarbeiters zum
Essen eingeladen wird.
So waren wir zum
Mittag bei Jona (unserem wunderbaren Fahrer) und am Abend bei Elbina.
Es ist die Chance
für mich die Mitarbeiter*innen und ihre Familie nochmals anders
kennen zu lernen.
Die
Sprachschwierigkeiten werden vor allem durch Kirimia`s Übersetzungen
(er kann fließend Deutsch) überwunden. Jedoch muss ich schon selber
aktiv im Gespräch sein, sonst bleibt es doch eher oberflächlich.
Und so kann ein Essen auch zu einer sehr interessanten und
aufschlussreichen Runde werden.
Zwischen den Essen
waren wir noch im Zentrum des Dorfes: wichtiger Termin immer am
ersten Tag des Aufenthaltes ist der Erwerb einer tansanischen
SIM-Karte für das Handy. Dann kauft man dazu noch ein gewisses
Datenvolumen um online mit Deutschland verbunden zu bleiben.Leider hat dieses
aus technischen Gründen noch nicht geklappt – morgen erfolgt der
nächste Anlauf.
Außerdem kam es zu
einen erstes intensives Austausch mit Kirmia und einer ersten
Behandlung.
Die Frau von Sedekia
war in einem Autounfall verwickelt und hat davon mindestens ein
Schleudertraum erlitten. Dafür hatte ich
eine „Halskrause / -manschette mitgebracht. Leider war sie doch zu
groß..
So habe ich sie erst
mal getapt.
Kirimia hat 2006
seine Ausbildung in Deutschland beendet. Bereits während seiner
Ausbildung begleite ich ihn. Gemeinsam haben wir schon in dieser Zeit
konzeptionell seine Arbeit in Tandala entwickelt und seit seiner
Rückkehr 2006 den Praxisraum ausgebaut und eingerichtet,
In seiner
Tätigkeit als Physio ist er ganz auf sich gestellt. Es gibt keine
Physiotherapie sonst in dieser Gegend der Ukinga. Damit hat er auch
keinen fachlichen Austausch und Input.
Und das ist auch
immer wieder der Schwerpunkt meiner Aufenthalte hier: ihn fachlich zu
unterstützen und zu begleiten.
Diese erste
Behandlung, mit einer ersten groben Befundaufnahme, einem
anschließenden Nachgespräch und Überlegungen, wie die nächsten
Behandlungen aussehen können, waren dann schon der Auftakt.
Mit dabei waren
Zakaria, der neue Leiter des Diakoniezentrums und Simon.
Ein abschließendes
Thema dieses Nachgespräches war: sehe ich als Therapeut nur die
aktuelle Symptomatik des Klienten oder sehe ich ihn / sie als ganzen
Menschen mit der Lebensgeschichte, mit den Ressourcen und erst dann
mit den Einschränkungen.
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Kirimia, Simon und ich beim Nachgespräch einer Behandlung
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Das setzt bereits in
der physiotherapeutischen Arbeit ein Behandlungskonzept mit einem
ganzheitlichen Denk- und Handlungsansatz voraus. Und damit fügt sich
diese Arbeit in das Wirken des Diakoniezentrums erst ein! Ich glaube,
das war vor allem für Zakaria sehr aufschlussreich.
3. Tag / 20.02.23
Dieser Tag begann,
wie alle Werktage im Diakoniezentrum, um 7.45 Uhr mit einer
Morgenandacht.
Es wird gesungen und
von einem/r Mitarbeiter*in eine kurze Andacht gehalten.
Simultan wird es in
Gebärdensprache übersetzt, da einige der Anwesenden gehörlos sind.
Nach der Andacht
gibt es organisatorische Ansagen, wenn Mitarbeiter*innen unterwegs
waren, erzählen sie kurz davon und wenn Gäste anwesend sind,
stellen sie sich kurz vor.
So durfte auch ich
„vortreten“.
Zum Abschluss
begrüßt jede/r jede/n einzeln und wünscht einen guten Tag.
Ein Ritual, was mich
immer wieder berührt und in der Regel wohl gelaunt in den Tag hinein
gehen lässt.
Ein fester
Programmpunkt eines Aufenthaltes hier ist die Vorstellung beim
Bischof in Makete, einer kleiner Stadt, 30 km von Tandala entfernt.
Früher war es
aufwendig: ein bis anderthalb Stunden Autofahrt, offroad. Heute hat
sich die Fahrtzeit auf eine halbe Stunde durch die neue asphaltierte
Straße verringert. Nicht nur die Zeit ist weniger geworden, auch die
Anstrengung. Man kommt als Fahrer und als Mitfahrer entspannter an.
Wie vor 4 Jahren
kamen wir mit Bischof Wilson Sanga nach der Vorstellungsrunde in ein
sehr offenes und spannendes Gespräch. Nach 2 Stunden lud er uns zum
Mittagessen ein.
Ich glaube in
Deutschland ist das unvorstellbar.
Aber all das zieht
sich letztendlich doch zeitlich insgesamt in die Länge. Erst kurz
nach 4 Uhr waren wir wieder im Diakoniezentrum. Um 5 Uhr und um 6 Uhr
waren wir mit 2 Klienten verabredet.
Zuerst kam Flavian.
Er hatte 2022 zwei Operationen am Kopf aufgrund einer Abflussstörung
des Gehirnwasser. Dabei kommt es zu einem Überdruck auf das Gehirn
kommen und es können schwere strukturelle Schäden am Gehirn selbst
entstehen.
Seine Symptomatik
jetzt zeigt ein ataktisches Bewegungsbild, vor allem im Bereich der
Beine mit einer Schwäche der insbesondere der Fußheber.
Dafür hatte ich aus
Deutschland 2 paar verschiedene Fußheberorthesen (gespendet von
einem Sanitätshaus) mitgebracht.
Diese konnten wir
heute nicht an- und ausprobieren, da er dafür nicht das passende
Schuhwerk an hatte.
Dadurch ging es
gleich auf die Behandlungsbank. Gemeinsam mit Kirimia und Simon
arbeiteten wir an der Koordination des Gangbildes (auf der Seite
liegend): kleine sanfte Bewegungen mit dem Becken und dem
Schultergürtel / Brustkorb einzeln, gemeinsam gleichsinnig und
alternierend.
Nach ca. 1 Stunde
ging Flavian an seinen Stützen beschwingt aus dem Raum: für uns und
auch für Flavian überraschend in der Deutlichkeit des Unterschiedes
im Vergleich zum Anfang,
Da wir die nächsten
Tage unterwegs sind, haben wir uns für Samstag verabredet.
Danach kam Mama
Luvanda. die Frau von Sedekia.
Ihr hat das Tape gut
getan: mit deutlich weniger Schmerzen und einem Lächeln kam sie zur
Tür hinein.
Auch hier habe ich
mich entschlossen, sie in der Seitlage zu behandeln.
Zum einen ist es
eine geschützte Position für sie und zum anderen konnten Kirimia
und Simon den Unterschied zu der Behandlung von Flavian sehen und
spüren.
Trotzdem sie sagte,
dass sie keine Schmerzen hat, war eine deutlich höhere Spannung in
der gesamten Muskulatur vorhanden und zu spüren.
Der stabile Kontakt
zum Boden und ganz sanfte und kleine Bewegungsangebote von Füße,
Beine, Becken und Brustkorb standen im Vordergrund.
Nachdem sie sich zum
Schluss aufsetzte, schaute sie spontan nach hinten zu Simon. Sie
erschrak fast im Nachhinein darüber, da so eine Verdrehung des
Oberkörpers vorher nicht möglich war.
Ein Nachgespräch
mit Simon und Kirimia wird morgen stattfinden, da das Abendbrot rief
und wir auch etwas erschöpft waren.
Und noch etwas ganz
wichtiges geschah zwischendurch: Kirimia besorgte mir eine
tansanische SIM-Karte, so dass ich ab sofort auch wieder online mit
der weiten Welt verbunden bin!
Damit war auch meine
Abendgestaltung – neben dem Packen eines kleinen Rucksacks –
auch geklärt…….
4. Tag / 21.02.23
Der Plan von Kirimia
und dem Diakoniezentrum sieht für die erste Woche eine 4-tägige
Besuchsfahrt durch eine weiter entfernte Region der Landeskirche
(Diozöse) vor.
Besuchsfahrt
heißt, Familien mit Angehörigen zu besuchen, die eine körperliche
oder / und psychische Einschränkung haben oder / und in starken
wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind. Um die genaue
Bedürftigkeit diesbezüglich herauszufinden, sind diese Besuche vom
Diakoniezentrum wichtig. Zumeist sind sie Mitglieder der
Kirchengemeinde und über diese bzw. über ehrenamtliche Mitglieder
der Gemeinde dem Diakoniezentrum weitergemeldet worden.
Auch werden
Personen aufgesucht, die im Zentrum eine Ausbildung oder eine
Versorgung erhalten haben. Hier gilt die Aufmerksamkeit der weiteren
Entwicklung im Alltag.
Zunächst ging es
von Tandala offroad durch eine wunderbare und grüne Berglandschaft
nach Ludewa. Mit dabei waren Kirimia, Zakaria, Simon und Familie und
Wenston Kaduma, der verantwortliche Diakon für für die Sozialarbeit
dieses Gebietes.

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| Brückenprüfung |

Nach einem kurzen
Stopp in Ludewa mit einem Antrittsbesuch beim Pfarrer (wichtiges und
übliches Ritual) und einem Mittagessen ging es für 2 Stunden
weiter.
Zu meiner
riesengroßen Überraschung endete die Fahrt in einem kleine Gasthaus
direkt am Njassasee in dem Ort Manda!!!
Kirimia hielt sich
bis zum Schluss bedeckt: denn das war einer meiner beiden Wünsche!
Ich wollte nun
endlich, nachdem ich nun bereits zum 5. Mal hier bin, eine Zeit am
Njassasee verbringen!
Es war herrliches
warmes Wetter, die Besuche in den Familien sollten erst am nächsten
Tag stattfinden.
So war der
Nachmittag und Abend zum entspannen!
Der See strahlt eine
unglaubliche Atmosphäre aus: irgendwas zwischen Meer und nicht enden
wollenden See. Das gegenüberliegende Ufer ist fast nicht zu
erkennen.
Nur Baden war für
mich nicht angesagt. Es wird im Allgemeinen vor Bilharziose gewarnt –
nur am äußersten Nordufer des Sees besteht diese Gefahr wohl nicht,
da waren wir aber nicht.
Dennoch, für mich
war es großartig hier zu sein!



5. Tag / 22.02.23
Nach dem Frühstück
ging es zu den ersten Hausbesuchen los.
Alle folgenden
Berichte sollen die Vielfalt der einzelnen „Problematiken“ und
den jeweiligen Überlegungen für eine Unterstützung unserseits
darstellen.
Unsere konkreten
Überlegungen erstellten wir als Team in einem gesonderten
Nachgespräch am Abend.
Zunächst besuchten
wir Esma, ein Mädchen, 4 Jahre alt.
Sie wohnt mit ihrer
Mutter und Oma in einem einfachen und sehr geordneten Haus.Einen Vater gibt es
nicht. Sie ist gehörlos.
Die Mutter war sehr klar in der Darstellung der Lage und in ihren
Fragen an uns.
In dem Dorf gibt es
keine Möglichkeit für einen Schulbesuch.
Unsere Überlegungen für Esma sind:
- Einladung in ein
Seminar für Kinder: Sozialkontakte (Kiri)
- Diagnostik
Hörvermögen (Schulprogramm, Kaduma)
- Gehörlosenschule
(Schulprogramm, Kaduma)
- erneuter Besuch im
Oktober
Danach ging es
weiter vorbei an kleine Ortschaften und vereinzelten Ansammlungen von
kleinen Häusern.

In einem Haus wurden
wir von 3 Frauen mit ihren kleinen Kindern erwartet.
Als erstes wurde uns
Martha Mahundi, 2 Jahre vorgestellt.
Sie hat seit ihrer
Geburt einen Hydrocephallus („Wasserkopf“). Die Mutter hat es mit
Hilfe der Nachbarschaft geschafft, eine Krankenversicherung für ihre
Tochter zu bekommen. Diese kostet natürlich Geld, gilt immer nur für
1 Jahr und deckt die medizinischen Behandlungen ab. Alle anderen
Aufwendungen (Fahrtkosten zur Klinik, Unterkunft, Verpflegung) sind
darin nicht enthalten.
So konnte in einer
Klinik in Daressalam (2 Tage Fahrtzeit für eine Strecke) ein Zugang
am Kopf gelegt werden, damit die zu viele Flüssigkeit im Kopf
abfließen kann und so der Druck auf das Gehirn gesenkt werden.
Alle 6 Monate müssen
sie zur Kontrolle und Behandlung nach Daressalam fahren.
Martha hat auf jeden
Fall eine körperliche und geistige Entwicklungsverzögerung.
Der Blick ist
unstetig, wenn sie auf dem Rücken liegt kann sie sich nicht drehen oder
rollen.
Im passiven Sitzen kann sie den schweren Kopf nur kurzfristig halten. Nur ein lautieren, also kein sprechen, ist ihr möglich.
Die Mutter ist
verwitwet und es gibt noch 2 Geschwister, die zur Schule gehen.
Unsere Überlegungen:
- finanzielle
Unterstützung Fahrtkosten, evtl. Krankenversicherung
- Physiotherapie:
kontinuierlich: Inuka (Rehabilitationseinrichtung) oder
Diakoniezentrum
- Beratung der
Mutter für das Handling von Martha
Als zweites Kind war Frederik, 8 Monate, mit seiner alleinstehenden
Mutter da.
Frederik hat 1
Bruder, 8 Jahre. Die Mutter wirkt sehr unsicher.
Er hat eine sehr
deutliche geringe Grundspannung (Hypotonus), kann so nicht
selbstständig rollen, den Kopf halten und erscheint deutlich
verzögert in seiner gesamten Entwicklung.
Unsere Überlegungen:
- Diagnostik in der
Klinik
- Abschluss einer
Krankenversicherung, Kostenübernahme für Fahrten,
- Physiotherapie:
kontinuierlich: Inuka (Rehabilitationseinrichtung) oder
Diakoniezentrum
Das 3. Kind war
Patricia, 5 Monate.
Auch sie lebt mit
ihrer sehr jungen Mutter in der unmittelbaren Nachbarschaft und hatte
noch keinen Kontakt zur Diakonie. Sie wurde von den anderen beiden
Müttern eingeladen.
Die Mutter war
während der Geburt alleine (!).
Sofort auffallend
ist, dass der Kopf stetig nach rechts gedreht und geneigt ist, der
Blick jedoch eher starr nach vorne.
Der Kopf erscheint
eher klein in seinem Umfang.
Es gibt einen
signifikanten Spannungsunterschied der Muskulatur zwischen den
Seiten.
Während des
Gespräches behandelte ich Patricia sanft am Kopf, Nacken, Hals und
Brustkorb.
Nach kurzer Zeit
konnte sie den Kopf und die Augen etwas nach links wenden und dort
halten.

Meine Gedanken dazu
sind:
- gab es während
der Geburt durch die Lage der Nabelschnur eine eine Unterversorgung
mit
Sauerstoff?
- vielleicht liegt
auch dazu noch eine Blockierung in der oberen Halswirbelsäule vor
(KISS –
Syndrom) vor, da
sie den Kopf so schnell mehr bewegen konnte.
Überlegungen:
- Diagnostik in
einer Klinik
- finanzielle
Unterstützung Fahrtkosten, Krankenversicherung
- Physiotherapie:
kontinuierlich: Inuka (Rehabilitationseinrichtung) oder
Diakoniezentrum
- Beratung der
Mutter für das Handling von Martha
Am Njassasee zurück,
nahmen wir noch ein Mittagessen zu uns.
Danach ging es auf
den Weg zurück nach Ludewa.
Auf halber Strecke
besuchten wir eine sehr ärmliche und einfache Familie:
Hier trafen wir auf
Edita, 6 Jahre.
Rechts hat sie einen
ausgeprägten Klumpfuß, das heißt, dass der Fuß so verdreht ist,
dass sie hier fast mit dem kompletten Fußrücken auftritt. Der
andere Fuß hat eine Sichelform und das Gewölbe ist sehr stark
ausgeprägt – das heißt, hier ist ein Ansatz einer Klumpfußform
zu erkennen.
Überlegungen:
- Operation in
Arusha (Nordtansania)
-
Krankenversicherung, Fahrtkosten
Anmerkung:
Wir sind uns nicht
sicher, wie die Familie (Mutter, Großeltern) diese Intervention auch
aktiv unterstützen können und wollen (Alkoholproblematik). Bei
einer Behandlung (operativ oder konservativ) von Klumpfüßen ist die
Mitarbeit und Einhaltung von notwendigen Maßnahmen nach der
Intervention unerlässlich: Die Kinder müssen über einen sehr
langen Zeitraum spezielle Schuhe tragen, die mit einer beweglichen
Schiene verbunden sind. Nur so können sich die Strukturen im Fuß
und Bein nachhaltig verändern (siehe auch eine ausführliche
Beschreibung in
www.torstenintansania2.blogspot.com.
Kurz vor Ludewa
besuchten wir einen älteren Mann.
Er wurde auf
Vermittlung des Diakoniezentrums mit 2 Unterschenkelprothesen
versorgt.
Wir wollten wissen,
wie es ihm geht und wie er mit den Prothesen klar kommt.
Grundsätzlich ist
alles okay, die Prothesen sitzen gut.
Aufgrund der sehr
ärmlichen und einfachen Verhältnisse und einer Alkoholproblematik
lässt die Hygiene, Stumpf- und Prothesenpflege deutlich zu wünschen
übrig.
Mit der anwesenden
erwachsenen Tochter haben wir dieses in aller Deutlichkeit
besprochen.
Überlegungen: - Unterstützung /
Beschaffung neuer Liner und Überzüge für die Stümpfe.
Als letztes suchten
wir noch einen Mann (Stefan), 28 Jahre, auf.
Er hatte 2019
während der Arbeit einen Unfall – Sturz aus größerer Höhe.
Eine Akutversorgung
erfolgte im Krankenhaus. Was genau verletzt wurde (Diagnose) konnte
er uns nicht sagen.
Seitdem dem Unfall
sind beide Beine gelähmt. Da er nur (zumeist auf dem Boden) sitzt,
sind sie mehr und mehr versteift in den Fußgelenken, Knien und
Hüftgelenken. Da die Streckung der Beine im Hüftgelenk nicht mehr
möglich ist und die Füße selbst sind in einer Spitzfußform
versteift sind, ist ein Stehen auch mit Stützen nicht mehr möglich.
Auch der Rücken hat
sich durch diese extremen Einschränkungen verformt: der untere
Rücken bildet mit der Brustwirbelsäule einen Bogen nach hinten
(Kyphosierung der Lendenwirbelsäule).
Trotz dieser
Einschränkungen arbeitet er auf dem Feld (sitzend auf einem kleinen
Bänkchen) und repariert Schuhe.
Überlegungen:
-
Krankenversicherung
- Vorstellung in der
Orthopädie und in der orthopädischen Technik (Schuhe?) im
Krankenhaus
Ikonda
- Teilnahme an
handwerklichen Seminaren im Diakoniezentrum
- Physiotherapie
- Fahrtkosten
Der Tag neigte sich
jetzt langsam dem Ende. Noch bei Tageslicht erreichten wir das
Gasthaus in Ludewa.
Nach dem Abendessen
in einem typisch tansanischen Imbiss sanken wir alle erschöpft in
die Betten.
6. Tag / 23.02.23
Gleich nach dem
Frühstück ging es wieder weiter. Diesmal sind nicht so viele
Besuche angesagt, wir blieben auch in der unmittelbaren Umgebung von
Ludewa.
Als erstes kamen wir
zu einer jungen Familie, mit ihrem Sohn Kaniel Hassan, 8 Jahre alt.
Erst auf dem 2.
Blick bemerkten wir, dass er ein Down-Syndrom (Trisomie 21)
höchstwahrscheinlich hat. Die Eltern geben an, dass sie nichts
konkretes wissen.
Er spricht kaum /
nicht und scheint in seiner geistigen Entwicklung verzögert zu sein.
In seiner Bewegung
fiel uns erst mal nichts auf. Er leidet unter einer chronischen
Bronchitis und dabei fiel uns ein sehr schneller Herzrhythmus auf.
Überlegungen:
- Aufnahme in das
Schulprogramm einschließlich einer Diagnostik
Danach ging es in
eine Grundschule. Hier waren wir mit dem 
Schulleiter und dem Mädchen
Grace verabredet.
Sie hatte eine
Hüftkopfnekrose und wahrscheinlich auch eine
einseitige Hüftdysplasie.Vor ein paar Monaten
wurde sie auf
Vermittlung des Diakoniezentrums operiert und erhielt
ein
Totalendoprothese (Hüftkopf und Hüftpfanne wurden ersetzt).
Die Prothese sitzt
fest, keine Schmerzen mehr, ein Einbeinstand
ist stabil. Die Hüfte
und das Knie sind frei beweglich.
Leider läuft sie
aber weiter in einem Schongang: Hüfte und Knie
bleiben „steif“,
die Bewegung des rechten Beines kommt aus
dem Becken / Oberkörper.
- eigentlich ein
klassischer Fall für die Physiotherapie, aber
Ludewa ist zu weit weg
vom Diakoniezentrum
- damit „entlassen“
wir sie aus unserer Begleitung
Der bereits letzte
Besuch galt Monika, 40 Jahre alt.
Sie hat eine
Albino-Symptomatik – das heißt, ihre gesamte Haut hat eine
Pigmentstörung.
Erst seit ein paar
Jahren sind Albinos in Tansania vor Übergriffen gesetzlich geschützt.
Sie hatte an einem
handwerklichen Seminar im Diakoniezentrum teilgenommen
(Korbflechten).
Das ist auch der
Grund unseres Besuches: zu schauen, was sie aus dem Erlernten macht.
Leider nicht so
viel, da sie ihr erspartes Geld für den Schulbesuch ihrer Tochter
gegeben hat.
So fehlt Geld um
Flechtmaterial zu kaufen.
Die Haut von Albinos
altert sehr schnell und ist auch sehr empfindlich. Am Rücken hat sie
eine offene Stelle, die nicht verheilt.
Überlegungen:
- Behandlung des
Rückens im Ikonda Krankenhaus – Fahrtkosten
- sie wird eine
private Spende für das Flechtmaterial erhalten.
Am Nachmittag saßen
wir als Team im Gasthaus zum Nachgespräch zusammen.
In knapp 2 Stunden
haben wir alle Besuchten besprochen, einschließlich wer für welche
Überlegungen jeweils verantwortlich ist.
7. Tag / 24.02.23
Nach 2
Übernachtungen in einem Gasthaus in Ludewa ging es weiter über sehr
anspruchsvolle Wege (Straßen würde man aus europäischer Sicht
nicht dazu sagen) durch eine wunderschöne Berglandschaft in das Dorf
Maholong’wa.
Dort besuchten wir
eine Frau, Magreth, 35 Jahre, mit einer spastischen Lähmung beider
Beine und einem stark verformten Brustkorb (Skoliose der Wirbelsäule
und einer Hyperkyphose der BWS).
Sie war vor einiger
Zeit auch bei einem handwerklichen Seminar und hat dort das Flechten
von Körben erlernt. Dieser Besuch sollte dazu dienen, zu schauen,
was sie davon mitgenommen hat und ob sie noch weitere Unterstützung
bedarf.
Mittlerweilen hat
sie einen kleinen Laden aufgemacht, in dem sie ihrer selbst
hergestellten Körbe und Lebensmittel verkauft. Dabei wird sie von
ihrer Familie auch tatkräftig unterstützt.
Und sie scheint
damit sehr zufrieden zu sein!
Eine weitere
Unterstützung ist nicht weiter nötig.
Die Wege zum
nächsten Dorf wurden nicht besser, zum Glück hat der Jeep
Allradantrieb…
In Ludende wurden
wir vom Bürgermeister empfangen!
Nach der
obligatorischen Vorstellungsrunde in seinem Büro führte er uns in
einen größeren Raum, wo wir von 5 Kindern und deren Angehörige
erwartet wurden!!!
Auch hier eine kurze
Vorstellungsrunde unsererseits.

Als erstes sahen wir
Mdege, Mädchen, 6 Jahre.
Sie wurde wegen
ihrer „O-Bein-Stellung“ (Genu varus beidseits) im Dezember 2022
operiert.
Die Operationsnarben sind gut verheilt.
Nach Auskunft von
Kirimia sind beide Beine deutlich besser
in der Achse, dennoch ist
die Stellung der Beine noch zu erkennen.
Überlegungen:
- am 4. März 2023
gibt es einen erneuten Termin im Ikonda
Krankenhaus – auch mit der Fragestellung, ob
eine weitere OP
indiziert und möglich ist
- Transport- und
Übernachtungskosten
Levina, Mädchen, 4
Jahre, hat auch eine Knochenwachstumsstörung,
mit der
Besonderheit, dass ein Bein eine O – Stellung
(genu varus) und das
andere ein X – Stellung (genu valgus) hat.
Das heißt, beide Beine
/ Knie zeigen nach links.
Ein Bein wurde
bereits im September 2022 in Arusha
(Nordtansania, 2 Tage Fahrtzeit
mit dem Bus) operiert.
Überlegungen:
Eine 2. OP ist im
Juni 2023 in Arusha geplant.
- auch hier fallen
Transport- und Übernachtungskosten an
Das folgende Kind,
Agano, Junge, 6 Jahre, wieder mit einer Knochenwachstumsstörung:
O – Stellung (genu
varus beidseits) der Beine.
Überlegungen:
- auch bei ihm gibt
es bereits einen OP – Termin in Arusha im Juni 2023
- Transport- und
Übernachtungskosten
Hongera, Mädchen,
10 Jahre leidet an einer Cerebralparese
(Störung des Gehirns).
Sie kann nicht
selbstständig stehen, nicht gehen und das
Sitzen ist sehr instabil.
Die Mutter ist nicht
gesund, bei ihr ist eine OP geplant.
Sie wirkt körperlich
überfordert und wir sind uns nicht sicher,
ob eine gute
Unterstützung / Compliance für Hongera gesichert ist.
Überlegungen:
- Sonderschule
Njombe mit Internat
- kontinuierliche
Physiotherapie ???
- Rollstuhl oder /
und Stuhl mit Armlehnen
Das letzte Kind in
dem Dorf ist Meiko, Junge, 1,7 Jahre.
Auch hier wieder eine
O-Stellung der Beine, aber diskret.
Überlegungen:
- Vorstellung im
Ikonda Krankenhaus
- Transport- und
Übernachtungskosten
Diese Häufigkeit
von Knochenwachstumsstörungen in einer Gegend habe ich so noch nicht
erlebt.
Wie der aktuelle
Wissensstand darüber in der Forschung ist, weiß ich nicht genau.
Schon 2017 habe ich
mich mit Ärzten darüber unterhalten. Höchstwahrscheinlich ist es
eine Mischung aus vielen:
- Unter- oder
Mangelernährung in der Schwangerschaft,
- mangelhafte
Vitamin D Verwertung (Babys und Kleinkinder werden viel in den
Tragetüchern
getragen, bei
Babys ist der Kopf selten sichtbar) – also auch „fehlende“
Sonne (!!),
- wenige Zeit für
die Kleinen auf dem Boden zum Rollen, Kriechen, Krabbeln,
selbstständig in
eine aufrechte Position
zu kommen
- und vielleicht
auch eine immer wiederkehrende, einseitige Positionierung im
Tragetuch…………
Das sind nur meine
Vermutungen.
Anschließend wurden
wir vom Bürgermeister zum Mittagessen eingeladen.
Bevor wir dann
weiterfahren konnten, erhielten wir noch 3 Hühner und 2
Bananenstauden als Dankeschön…….

So ging es dann
weiter nach Lipangala in die dortige Grundschule.
Vom Schulleiter
wurden wir empfangen und er stellte uns Berata, Mädchen, 13 Jahre,
vor.
Berata ist Vollwaise
und lebt bei ihrer Oma.
Ihre Mutter war HIV
positiv und hat sie damit angesteckt.
Sie hat eine
spastische Lähmung beider Beine, kann aber damit gehen und die Beine
differenziert bewegen.
In der Klasse ist
sie nach Aussage des Schulleiters eine der Besten.
Das Problem besteht
aber darin, dass die Oma finanziell für den Schulbesuch (Kleidung,
Unterrichtsmaterial) nicht aufkommen kann. Auch die Schule kann dafür
nicht mehr einspringen.
Berata brach während
des Gespräches heftig in Tränen aus, weil sie nicht mehr bei der
Oma leben kann und will, auch ihr großer Bruder will sie nicht in
seiner Familie aufnehmen.
Überlegung:
- Prüfung eines
kurzfristigen Schulwechsels nach Njombe mit Internat für die
restlichen knapp 2
Jahre (ein
Schuljahr entspricht dem Kalenderjahr)
- Kostenübernahme
ist für diese Zeit durch eine Privatspende
- danach Aufnahme in
das Schulprogramm mit Schulwechsel (Secondary)
- dafür die
notwendigen Absprachen
Nachtrag vom
02.03.:
Heute kam das
grundsätzliche „okay“ von der Schule in Njombe für die Aufnahme
von Berata!
Es müssen jetzt
wohl nur noch die Formalitäten geklärt werden.
Mein großes
Dankeschön für die private Spende für 2 Schuljahre gilt der
Spenderin aus Berlin.
Der Schulleiter
stellte uns danach noch Florida, Mädchen, 11 Jahre, vor.
Sie hat eine dezente
Tetrasymptomatik – beide Arme (eher hypoton) und beide Beine
(hyperton) - sind in ihrer Funktionalität gestört.
Auch sie kommt aus
einer sehr armen Familie.
Überlegung:
- Aufnahme in das
Schulprogramm
Am
späten Nachmittag kamen wir gut erschöpft in Mlangali an.
In
einem kleinen Gasthaus gegenüber der Kirche und der Wohnung des
Pfarrers konnten wir übernachten.
Ich war in diesem
Ort und bei dem Pfarrer bereits 2016. Hier lernte ich / wir Esther
kennen.
Ein Mädchen,
damals 3 Jahre, mit einem nicht weiter behandelten offenen Rückenmark
(Spina bifida). Morgen werden wir sie mit nach Tandala nehmen, da sie
im Nachbardorf im Ikonda Krankenhaus einen Termin hat. Anschließend
wird sie nach Daressalam fahren, wo sie tatsächlich zur Schule geht.
Sie wurde nach
unserem Besuch operativ behandelt und kann jetzt an 2 Achselstützen
selbstständig sich aufrecht fortbewegen!!!
Damals wurde sie
nur getragen, die Beine waren vollkommen gelähmt (schlaff). Die
Eltern wirkten sehr unsicher, hilflos und Scham behaftet.
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Esther - 2023, mit Ortese + Verband
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Esther mit Papa - 2016
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8. Tag, 25.02.23
In Mlangali
besuchten wir Victor, Junge, 15 Jahre in der Schule.
Im Büro des
Schulleiters saßen wir dann zusammen.
Victor wurde bereits
wegen seiner Klumpfüße im Kleinkindalter operiert.
Seit 1,5 Jahren
klagt er über Schmerzen in beiden Beinen. Die Schmerzen sind
scheinbar unabhängig von der Belastung und, so habe ich ihn
verstanden, eher knöchern, vor allem an den Sprunggelenken aber
auch, Knie, Hüfte beidseits. Er nimmt regelmäßig
Schmerzmedikamente.
Der rechte Fuß
zeigt sich in seiner Form als Senk- und Sichelfuß, auch die
Muskulatur im rechten Bein ist weniger ausgeprägt als links.
Ich vermute außerdem
auch „Wachstumsschmerzen“.
Überlegungen:
- Vorstellung Ikonda
Krankenhaus:
* orthetische
Versorgung RE Fuß,
* Diagnostik,
danach Wiedervorstellung
- Finanzierung der
Orthese
- Fahrtkosten +
Verpflegung
Faszinierend fand ich die "Dekoration" der Wände dieser Schule - auch gut geeignet um Swahili zu lernen....
......das ist nur eine Auswahl
Danach stand Anna,
eine junge Frau auf unserem Plan.
Sie ist gehörlos
und hat im Diakoniezentrum eine Ausbildung zur Schneiderin gemacht.
Auch dieser Besuch
dient dazu, zu schauen, was hat sie aus dem gelernten gemacht und
braucht sie noch Unterstützung.
Sie braucht keine
Unterstützung – sie näht zu Hause für andere im Dorf!
Ihre Eltern sind
sichtbar stolz auf sie.
Empfehlung an die
Mama: Sie soll von Anna das Alphabet in Gebärdensprache lernen.
Als letztes Kind
dieser Besuchstour kam Elisha, Junge, 6 Jahre, 
mit seiner Mutter in
die Kirche zu uns (einige Bänke wurden
zurecht geschoben, so hatten
wir gut Platz)
Er hat eine
Cerebralparese, alle 4 Extremitäten sind betroffen,
er kann krabbeln
aber nicht stehen, ist sehr neugierig und wach..
Er wird auch
physiotherapeutisch in einem Rehazentrum (Inuka,
in der Nähe von
Njombe) begleitet: er ist alle 3 Monate
für 2 Wochen zur Behandlung
dort.
Finanziert wird es
durch die Familie.
Überlegung:
- Einladung zum
Kinderseminar nach Tandala
Nach einem Essen
beim Pfarrer und einigen Abschlussworten von uns (an uns) machten wir
uns auf den Heimweg.
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Das diakonischeTeam
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In den 5 Tagen hat
es trotz Regenzeit nur 2 kurze Schauer gegeben und als wir jetzt
losfuhren goss es plötzlich stark und anhaltend…!
Die Fahrt war jetzt
nicht so anstrengend, da der größte Teil der Strecke asphaltiert
ist.
Glücklich und
erschöpft kamen wir abends gegen 19 Uhr in Tandala an..
Zum Abendbrot waren
wir noch bei Familie Luvanda eingeladen.
9. Tag, 26.02.23
Es ist Sonntag und
es liegt nichts an!!!!
Kirimia ist nach
Njombe mit seiner Familie gefahren, da dort seine Tochter lebt und
zur Schule geht. Es gibt ein großes Schulfest.
Simon, der
Freiwillige, seine Mutter und Bruder sind in aller Frühe abgereist.
Sie werde ich hier nicht mehr sehen.
So konnte ich erst
mal richtig ausschlafen, irgendwann wurde ich von Tunu (Mitarbeiterin
des Diakoniezentrums und verantwortlich für die Lodge) besorgt
geweckt……
Ich habe danach
einfach die Sonne genossen und viel gelesen.
Ein wenig habe ich
doch was gemacht: ich habe angefangen den Blog zu schreiben.
Abends war ich bei
Asifiwe und Familie zum Essen eingeladen.
Asifiwe leitet die
Tischlerei mit Angestellten und Lehrlingen.
Er selbst ist
gehörlos und ich war mir nicht wirklich sicher, wie wird der Abend
in Bezug auf Kommunikation. Aber es wurde sehr entspannt, angenehm
und anregend!
Asifiwe war eine
lange Zeit in Deutschland in Eilsleben und hat dort in der Tischlerei
Timme gelernt und gearbeitet.
So konnten wir uns
über Textnachrichten auf dem Handy auf deutsch unterhalten.
10. Tag, 27.02.23
Heute steht eine
„kleine“ Hausbesuchstour an. Rund um den zentralen Ort der Ukinga
(Kinga nennt sich die Volksgruppe, die hier beheimatet ist) geht es vor allem
um „Nachsorgebesuche“. Das heißt, die Personen wurden / werden
vom Diakoniezentrum unterstützt, mit einer orthopädischen, operativen
Versorgung und / oder eines handwerklichen oder physiotherapeutischen Seminars.
Begleitet wurden
wir, Kirimia und ich, von Zakaria dem neuen Leiter des
Diakoniezentrums, der Diakoniebeauftragten des Kirchenkreises und
abwechselnd von dem Pfarrer und der/die ehrenamtliche/n
Diakoniebeauftragte/n der jeweiligen Kirchengemeinde.
Es war also immer
eine große Runde, der Jeep war fast voll besetzt.
In Deutschland
ist so eine große Runde wohl undenkbar aus verschiedenen Gründen.
Hier ist es aber aus kulturellen Gründen ganz normal (so erlebe ich
das). Gleichzeitig erfährt die Sozialarbeit des Diakoniezentrums
eine große Aufmerksamkeit und Wertschätzung innerhalb der
Kirchengemeinde und der Nachbarschaft / Öffentlichkeit (allein
schon, wenn aus dem Jeep 6 Personen und ein Weißer aussteigen).
Der
Weg von Tandala zum ersten Besuch war für mich auch etwas
besonderes: Kirimia überließ mir das Fahren des Jeeps…. (zur
Sicherheit habe ich den internationalen Führerschein).
Der
Mann, Ende 40, hatte Knochenkrebs im Unterschenkel. Der Unterschenkel
musste amputiert werden und er wurde mit einer Prothese versorgt.
Da
er seine kleine Kneipe (Kiosk) so nicht mehr weiterführen konnte,
hat er diesen verkauft und an einem handwerklichen Seminar
teilgenommen.
Die
Erlöse aus dem Verkauf investierte er teilweise in die notwendigen
Flechtmaterialien.
Innerhalb
kürzester Zeit konnte er sich aus dem Verkauf von den hergestellten
Körben eine Ziege kaufen…..(!). Er möchte unbedingt an einem
weiteren Seminar teilnehmen, um noch mehr Vielfalt in seine
Flechtarbeit zu erreichen.
Mit
seiner Prothese kann er so gut gehen, dass sein Gang auf nassen
Lehmboden, ob auf- oder abwärts, absolut flüssig und sicher ist.
Auch
Rebekka, eine Frau, Mitte 40, hat nach einer Unterschenkelamputation
und der Versorgung mit einer Prothese ein handwerkliches Seminar in
Tandala besucht.
Sie
hat auf ihren Grundstück einen kleinen Laden eröffnet, wo sie neben
den geflochtenen Körben aus Naturmaterial noch Dinge des täglichen
Lebens verkauft.


Das
Mädchen Rutgart, 11 Monate, wurde mit einer
offenen
Kiefer-Gaumen-Spalte geboren.
Mit Unterstützung des Zentrums wurde
es operiert.
Die
OP ist gut verlaufen, das Ergebnis ist gut und die
Wunden sind
verheilt.
Ein
Mann, Anfang 40, in sehr armen Verhältnissen hatte einen Tumor an
seiner Hand. Auch hier gab es Unterstützung des Zentrums, er wurde
operiert und kann wieder auf seinem Feld arbeiten.
Es
gab noch 2 weitere Besuche, auf die ich aber jetzt nicht näher
eingehen möchte.
Zwischendurch
wurden wir von einem Pfarrer und seiner Frau zum Essen eingeladen.
Insgesamt
waren es „nur“ 6 Besuche, aber durch die Fahrtzeit und die zum
Teil abenteuerlichen Straßenverhältnisse waren wir erst am späten
Nachmittag wieder zurück.
In
einem ersten kurzen Rückblick für mich bin ich beeindruckt, mit wie
„wenig“ Hilfe und Unterstützung Menschen aus einer fast
aussichtslosen (im wahrsten Sinne des Wortes) Situation geholfen und
ein neuer Horizont für den/r Einzelnen, einschließlich der Familie,
aufgezeigt werden kann!
11.-13. Tag,
28.02.-02.03.23
Kirimias Plan sieht
für meine restliche Zeit keine Hausbesuche mehr vor. In dieser Woche
soll die Physiotherapie im Vordergrund stehen und in der darauf
folgenden Woche werden Kinder mit Angehörigen zum Seminar erwartet.
Für mich war es
außerdem wichtig mit Elikana und Kirimia über die Physiotherapie
ins Gespräch zu kommen: wie hat sich dieser Arbeitsbereich seit 2016
entwickelt, was war gut, was hat nicht so gut geklappt, was sollte
geändert werden, wo soll die „Reise“ hingehen?
So trafen wir uns
fest verabredet jeden Tag zu zweit oder zu dritt:
Grundsätzlich
müsste der Bereich „Physiotherapie“ umbenannt werden in
„Gesundheitsdienst“.
Die Begleitung von
Personen mit Handycap wurde mit und durch Kirimia intensiviert und
ausgebaut.
Viele Personen
konnten davon profitieren – ob mit Versorgung von Prothesen oder
Orthesen, die Vermittlung und Begleitung zu Operationen, das
Ermöglichen von Kindern trotz Einschränkungen grundsätzlich die
Schule (mit Internat) zu besuchen oder einfach die Sensibilisierung
für die eigenen körperlichen Möglichkeiten der Betroffenen und
deren Familien.
Eine große
Vernetzung mit medizinischen und rehabilitativen Einrichtungen in
weiten Teilen Tansanias und deutschen Ärzteteams, die für
Operationen in das Land kommen, hat Kirimia erweitert und
intensiviert.
So wie ich Kirimia
in dieser Arbeit erlebe, hat er sich deutlich weiterentwickelt.
Die eigentliche
Physiotherapie – Behandlungen von Einzelnen – hat in den letzten
Jahren stark abgenommen.
Das hat seine
Gründe:
1.) Kirimia ist in der Gegend der einzige Physiotherapeut, er hat
somit keinen kontinuierlichen fachliche Austausch. Fortbildungen sind
in Tansania in diesem Bereich nicht wirklich vorhanden.
Kirimia ist direkt
nach dem Abschluss seiner Ausbildung in Deutschland zurück gegangen.
Die Krankheitsbilder
hier unterscheiden sich in der Art und Qualität zum Teil deutlich,
von dem was er in der Ausbildung gelernt hat. Und in der Regel gibt
es erst mal keine Diagnose (an der er sich erst mal langhangeln
könnte). Also für einen Berufsanfänger eine riesengroße
Herausforderung.
2.) Es ist nicht
gelungen jemanden zu finden, der / die sich für diesen Bereich
eignet, in eine Ausbildung geht und so Kirimia in seiner Arbeit
unterstützt.
3.) Aufgrund seiner
wunderbaren Sprachgewandheit (Swahili, Deutsch, Englisch) begleitet
er oft Besuchsgruppen aus Übersee.
4.) In den letzten 3
Jahren war Kirimia immer wieder in andere Arbeitsbereiche involviert
. Vertretungsaufgaben in der Leitung des Diakoniezentrums,
Fahrdienste, Gesundheitsdienst in der Corona-Zeit, Mithilfe beim Bau
des Wasserkraftwerkes und einmal jährlich für 4 Wochen die
Begleitung von tansanischen FSJlern, bevor diese nach Deutschland
gehen.
5.) Letztendlich hat
das alles zusammen zu einer fachlichen Verunsicherung Kirimias
geführt, was ich auf jeden Fall nachvollziehen kann.
Auch Elikana und
Kirimia selbst sehen das so und beide Seiten wollen und wünschen
sich, dass diese bisher zu kurz gekommene Seite kurzfristig
„verbessert“ wird und damit das therapeutische Standbein des
Diakoniezentrums erhalten und ausgebaut wird.
In den Gesprächen
mit beiden haben wir dieses intensiv und vertrauensvoll besprochen.
Zu ersten konkreten
Schritten sind wir gekommen. Für den Sonntag haben wir uns zu einem
weiteren Treffen verabredet.
Hier soll es auch
grundsätzlich um die weitere Zukunft der therapeutischen Arbeit im
Diakoniezentrum gehen.
An diesen 3 Tagen
kamen auch jeden Tag 3 Klienten / Patienten zur Einzelbehandlung.
Neben den schon oben
erwähnten (Mama Luvanda und Flavian) kam noch die Frau vom
Bürgermeister.
Flavian konnten wir
die mitgebrachten Orthesen anpassen. Sein Stand wirkt dadurch
stabiler und das Gehen zunehmend „klarer“ / zielgerichteter. (an dieser Stelle, vielen Dank dem spendenden Sanitätshaus in Berlin)
Ansonsten blieben
wir bei den in der Vorwoche begonnenen Behandlungsideen und
variierten diese zunehmend. Somit war es für Kirimia immer wieder
eine Wiederholung und Erweiterung.
Die Frau vom
Bürgermeister leidet an einen komplexen Schmerzsyndrom, was an sich
schon therapeutisch eine Herausforderung darstellt.
Zunächst auf der
Behandlungsbank, dann auch im Schlingentisch, behandelten wir sie.
Differenzierte
Rückmeldungen zu bekommen, ist sehr schwierig.
So ganz nebenbei
erzählte die Frau, dass sie in der im Schlingentisch aufgehängten
Position schmerzfrei ist…….
Bisher wurde sie im
Ikonda – Krankenhaus behandelt. Obwohl das Krankenhaus einen hohen
Standard hat, gibt es dort keine/n Physiotherapeut*in. Es gibt zwar
eine kleine physiotherapeutische Abteilung, dort arbeiten aber nur
Krankenschwestern, die eine kleine „Qualifizierung“ für diese
Tätigkeit bekommen haben.
Alle Behandlungen
haben wir miteinander besprochen und praktisch an uns selber
ausprobiert.
In der nächsten
Woche werden wir versuchen sie auch trotz des Kinderseminares weiter
zu behandeln.
Ich war ganz froh an
diesen Tagen zwischendurch auch immer wieder eine Pause zu haben, da
mein Verdauungssystem schwer zu arbeiten hatte….
Die Abende war ich
alleine, konnte viel lesen, etwas schreiben und früh ins Bett
verschwinden.
14. Tag, 03.03.23
Ich konnte heute
etwas länger schlafen, da wir uns erst gegen 10.00 Uhr verabredet
hatten.
Der „Plan“ für
diesen Tag war noch nicht ganz klar. Nach einigen Hin und Her stand
er dann fest:
Als erstes Geld
tauschen, dann Fahrt zum Wasserkraftwerk, am Nachmittag Gespräch mit
Elikana und Kiri.
Nachdem klar war,
dass Berata tatsächlich den Platz in der Schule und Internat
bekommen hat, konnte ich Geld vom Automaten holen. Das heißt, zum
Ikonda Krankenhaus fahren (dort ist eine kleine Bank), Geld abheben
und zurück fahren mit 1.200.000,00 Tansanischen Schilling in der
Hosentasche….
Danach ging es mit
Kirimia und dem verantwortlichen Ingenieur zum Wasserkraftwerk.
Seit ca. 3 Jahren
wird es erbaut an einem Fluß, der auch in der Trockenzeit genügend
Wasser führt.
Bauträger (oder
Bauherr?) ist das Diakoniezentrum. Finanziert wird der Bau einerseits
über Spenden und andererseits über Kredite.
In Deutschland ist
vor allem Christoph Timme der Koordinator für diesen Bau.
Im letzten Jahr war
er dafür 3x vor Ort. Christoph Timme hat in Eilsleben
(Sachsen-Anhalt) eine Tischlerei. Sein Vater und er haben bereits die
Tischlerei im Diakoniezentrum mit auf- und ausgebaut.
Idee und die große
Hoffnung ist, dass die Erlöse vom Verkauf des gewonnenen Stroms das
Diakoniezentrum in der Zukunft finanziell unabhängiger wird.
Ein großer Traum
seit vielen, vielen Jahren…..
Im Moment sind die
Staumauer, das Turbinenhaus mit der Elektrik im Prinzip fertig. Jetzt
muss alles noch miteinander endgültig verbunden, die Außenanlagen
fertig und dann zum Schluss alles getestet werden.
In der Regenzeit
verzögert sich natürlich vieles.
Ich war äußerst
beeindruckt, was ich sehen konnte.
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der entstandene Stausee
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die Staumauer
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Wasserleitung zum Turbinenhaus
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| Turbinenhaus |
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im Turbinenhaus
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der Fluss
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Die Fertigstellung
soll noch im Frühjahr 2023 erfolgen.
Einiges habe ich
erzählt bekommen, wie der Bau im einzelnen vorankam, mit welchen
Schwierigkeiten und Problemen umgegangen werden musste usw.
Wer mehr über
dieses „Projekt“ erfahren möchte (und vielleicht auch dafür
etwas spenden..),
dann sei die Webseite von Christoph Timme
empfohlen:
www.tischlerei-timme.de/seite/106308/afrika.html
Nach
der Rückkehr saßen wir zu dritt im Büro von Elikana zusammen.
Einen
großen Raum nahm die Kommunikation zwischen uns – dem tansanischen
und deutschen Partner - ein. Das heißt, was, wann und wie meinen wir
und hören etwas.
Ein
Beispiel dafür, was ich genau an diesem Tag ganz nebenbei erlebt
hatte und über das ich immer wieder schmunzeln muss:
Ich
komme mit Kirimia mit dem Jeep zum Diakoniezentrum. Auf dem Weg steht
eine tansanischer Mann. Kirimia hält an, spricht kurz mit ihm und
stellt mich vor. Der Mann sagt, oh ja, Torsten kenne ich schon von
seinem Aufenthalt vor 4 Jahren. (Ich kann mich leider nicht wirklich
erinnern..) Er lächelt mich an und sagt weiter zu mir, oh, „Du
bist „breiter“ geworden….“. Ich erschrecke, gehe in die
Verteidigung und sage, „meine Konfektionsgröße hat sich aber
nicht verändert…..“ Wir verabschieden uns herzlich, wobei ich
innerlich den Kopf schüttele und Kirimia herzhaft lacht: Der
Ausspruch, du bist „breiter“, „fülliger“ geworden meint, du
siehst wohlgenährt aus – im Sinne eines Komplimentes!!!!!
Es
war gut, dass wir zu dritt sehr offen miteinander reden konnten! Es
hat wieder eine tiefe Vertrauensbasis geschaffen.
So
großartig die digitalen Kommunikationswege auch sind, eine
emotionale Ebene können sie nicht ersetzen.
15. Tag, 04.03.23
Am Vormittag blieb
ich alleine. Telefonieren, den Blog weiterschreiben waren angesagt.
Mittags kamen
Kirimia und sein Sohn Samuel, 6 Jahre.
Für ihn hatte ich
ein kleines Geschenk mitgebracht. Bei ihm sieht man, dass ich 4 Jahre
nicht hier war.
Wir aßen zusammen
Mittag und anschließend gingen wir in den Physioraum.
Samuel malte und
spielte mit den großen und kleinen Bällen – Kirimia und ich
räumten den Raum auf, sortierten die Materialien für den
Gesundheitsbereich und den therapeutischen Bereich.
Abends war ich mit
Zakaria zum Essen bei Ronesta eingeladen.
Ronesta, Mitte 40,
beidseits Oberschenkel amputiert, leitet schon Jahre die Schneiderei
und die Ausbildung der Lehrlinge.
Im Laufe des Abends
stellte auch ich ihr die Frage, wie sieht dein Traum für die
nächsten 10 Jahre aus. Es entspann sich ein zaghaftes, eher
fragendes Gespräch.
16. Tag, 05.03.23
Der Vormittag
gestaltete sich so, wie der gestrige….. Für mich ein entspanntes
in-den-Tag- hineinkommen. Vor allem ist es wunderbar, den Kaffee in
der Sonne genießen zu können, nachdem mein Verdauungssystem sein
okay dazu gegeben hat.
Ab dem Mittag war
ich mit Elikana und Kirimia verabredet.
Wir setzten unser
Gespräch vom Freitag fort.
Es ging nochmals um
konkrete Schritte in der näheren Zukunft für die Physiotherapie.
Den größeren Raum
nahmen aber die Themen Berichte und Finanzen ein.
Auch hier war es
gut, immer wieder gegenseitig nach zu fragen: was hast du gehört,
wie hast du das verstanden.
Ein Leitgedanke ist,
wie können wir einerseits auf ein verlässliches Berichtswesen
einigen, welches für alle Partner in Deutschland nachvollziehbar und
akzeptiert ist und andererseits nicht zu einem Mehraufwand im
Diakoniezentrum führt.
Ein anderer
Leitgedanke ist, wie kann die finanzielle Unterstützung für den
Haushalt und die einzelnen Aktivitäten (wie Seminare, Ausbildungen,
Hausbesuche usw.) verlässlich gestaltet werden.
Zum Schluss konnten
wir uns auf konkrete Fragestellungen einigen, die wir jeweils in
unsere Runden in Deutschland und im Diakoniezentrum mitnehmen.
Die Zeit verging wie
im Fluge – nach 4 Stunden setzten wir ein „Komma“ und einen
„Punkt“.
Ich freute mich auf
einen 2. Kaffee und saß dann mit Kirimia noch entspannt zusammen.
17. Tag, 06.03.23
Heute ist Montag.
Das heißt, ich darf auch wieder früher aufstehen……..
Nach der Andacht und
einem kleinen Frühstück gab es eine kurze Absprache mit Kirimia.
Ab heute bis
Donnerstag (4 Tage) findet ein physiotherapeutisches Seminar für Kinder
statt. Mit dabei sind natürlich jeweils eine Angehörige/r.
Es gab leider einige
Absagen und die die kommen, kommen erst im Laufe des Vormittages.
Wir erwarten dann 5
Kinder.
So haben Kirimia und
ich noch etwas Zeit um den Physioraum aufzuräumen und Dinge zu
sortieren.
Als fast alle Kinder
da waren, war erst mal Mittag angesagt.
So trafen wir uns
dann alle danach zu einer ersten Runde. Alle konnten sich vorstellen
und wir konnten die ersten Fragen stellen.
Nach einer kleinen
Pause sprachen wir mit jedem „Paar“ alleine, schauten dabei auch
das Kind genauer an und überlegten auch gleich gemeinsam, was
konkret in den nächsten Tagen als Physiotherapie oder / und anderen
Unterstützungsangeboten ansteht.
Lula Pila, Mädchen,
5 Jahre strahlt alle in der Runde ganz neugierig mit großen Augen
an.
Die Mutter
berichtet, dass sie sich schon früh um ihre Tochter Sorgen gemacht
hat, weil sie sich irgendwie anders, langsamer entwickelte. Im
Krankenhaus vertröstete man sie.
Lula zeigt ziemlich
eindeutig die Symptome einer Zentralen Parese (CP): Alle 4 Gliedmaßen
sind betroffen (gelähmt), sie kann nicht sprechen, nicht
selbstständig stehen. Es scheint auch eine geistige
Entwicklungsstörung vorzuliegen. Einfache Ansagen / Anweisungen
versteht sie.
Auf dem Boden bewegt
sie sich mit großer Freude rollend und im Vierfüßlerstand fort,
wobei im letzteren beide Beine voneinander nicht differenziert bewegt
werden und so eine Art „Sprung“ entsteht.
Messia Kiango,
Mädchen, 5,5 Jahre ist mit Ihrer Oma gekommen, die Mutter ist im
Gefängnis.
Sie wirkt zunächst
sehr schüchtern. Nach Aussage der Oma spricht Messia grundsätzlich
sehr wenig und undeutlich. Erst seit 3 Monaten (seitdem sie bei der
Oma ist) hat sie auch mehr Kontakte zu anderen Kindern. Weshalb die
Oma mit gekommen ist, sei die rechte Hand, die Messia nicht nutzt.
Wir stellen fest,
dass nicht nur die Hand sondern auch der gesamte rechte Arm
„betroffen“ ist.
Der Arm selbst hat
insgesamt deutlich weniger Kraft als der linke, auch im Bereich der
Koordination gibt es einen deutlichen Unterschied. Die Hand,
insbesondere die Finger können sich nicht vollständig öffnen /
stecken – sie bleiben sogar in einer leicht gebeugten Position. Das
heißt, wenn sich Messia aufstützt, dann nutzt sie rechts den
Handrücken und links die offene Hand, den Handteller. Der Kopf ist
leicht nach links geneigt und gedreht.
Wir gehen erst mal
von einer neurologischen Ursache, den Arm betreffend aus.
Für das andere
(Sprechen, Kontakt) warten wir die nächsten Tage ab. Wir können uns
vorstellen, dass für sie das Schulprogramm in Frage kommt (mit
Internat?)
Ascheria Sanga, Junge,
5 Jahre ist mit seiner Mama hier. Sie ist zum einen sehr
verunsichert, weil ihr Sohn sehr wenig spricht und sehr langsam lernt
und zum anderen ist sie sehr neugierig auf das Seminar.
Körperlich fällt
uns nichts weiter an Asche auf.
Julius, Junge, 8
Jahre ist alleine hier. Der Vater hat ihn im Zentrum heute abgegeben.
Vater und Sohn sind grundsätzlich den Mitarbeiter*innen der Diakonie
nicht unbekannt. Der Vater scheint auch eine geistige Einschränkung
zu haben, die Mutter lebt nicht mehr.
Julius ist
Epileptiker und medikamentös eingestellt.
Während eines
Anfalles ist er in eine häusliche Feuerstelle gekommen, dabei
erlitten beide Füße vor allem schwere Verbrennungen. Schmerzen hat
er wohl keine.
Wir denken, dass
unbedingt eine Operation angesagt ist!
Auch das
Schulprogramm scheint eine wichtige Option zu sein!
Gregory, Junge, 9
Jahre ist mit seiner Mutter gekommen.
Er hat auch eine
„Zentrale Parese (CP)“ – beide Arme und beide Beine sind
deutlich betroffen.
Über die
Streckspastik in den Beinen kann er sich aufrecht recht gut und flink
fortbewegen und stehen.
Er hat große
Schwierigkeiten beim selbstständigen Essen, beim aus- und anziehen.
Das Schlucken ist
auch beeinträchtigt durch eine Störung der Speiseröhre.
Hier scheint vor
allem das „handling“ der Mutter dem Sohn gegenüber im
Vordergrund zu stehen.
So eine keine Runde
hat auch was. Wir kommen schneller miteinander ins Gespräch, es ist
alles etwas übersichtlicher. Kirimia und ich haben auch mehr Zeit
für jeden Einzelnen.
Nach den Kindern kam
dann noch die Frau vom Bürgermeister.
Sie wurde von
Kirimia wieder im Schlingentisch behandelt. Zwischendurch wurde ein
MRT der Wirbelsäule erstellt. Die Aufnahme wird in Deutschland
ausgewertet und dann innerhalb kürzester Zeit als Befund wieder
zurückgeschickt!!!
So konnten wir die
Behandlung entsprechend nochmals anpassen.
Um die nächste
Behandlung für sie vorzubereiten, blieben Kirimia und ich immer noch
im Raum.
Nur mit dem
Unterschied, dass Kirimia auf der Bank lag und ich ihn behandelte……
Dann war aber
wirklich Schluss!!
Seit 4 Tagen bin ich
abends ein wenig in Stress geraten – selbst Schuld….: Ich habe
angefangen, aktuelle Bilder mit zum Teil Beschreibungen in den
WhatsApp – Status einzustellen.
Dazu ist aber
unbedingt ein stabiler Internetzugang nötig, sonst kann es sein,
dass alles nochmal wiederholt werden muss. So gehe ich dann Abends
„spazieren“, um die richtige Stelle zu finden.
Ich bin beeindruckt,
wie viele sich die Bilder dann tatsächlich anschauen……
Jetzt ist es 23 Uhr,
der heutige Tag ist ganz grob hier festgehalten – es war ein guter
Tag!
18. Tag, 07.03.23
Nach der Andacht und
dem Frühstück kamen alle im Physioraum wieder zusammen.
Wir setzten uns auf
die Matten in einer Runde.
Kirimia erzählte,
was wir heute vorhaben und das sich alle Mütter gerne und unbedingt
am Geschehen beteiligen dürfen und möchten!
Neben uns und den
Müttern war auch die Diakoniebeauftragte dabei. So konnten wir die
Runde in 3 wechselnde Gruppen grob einteilen, wobei Kiri und ich uns
jeweils mit einem Kind beschäftigten.
Da es so eine kleine
Runde ist, geht das alles ganz entspannt.
Alle 5 Kinder haben
sind sehr unterschiedlich eingeschränkt, fordern unterschiedlich
viel Aufmerksamkeit.
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Lula Pila
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| Ascheria |
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| Messia |
 |
| Julius |
 |
Kirimia zeigt.....
|
 |
....wie es geht
|
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Gregory beim nachmachen
|
 |
Lula beim Krabbeln
|
Nach der
Nachmittagsrunde, fragten wir die Mütter, ob sie etwas beobachtet
hätten, ob ihnen Veränderungen aufgefallen sind und ob sie selbst
etwas mitgenommen hätten.
Da kamen folgende
Aussagen und Themen zur Sprache:
- Kinder brauchen
Zeit
- Kinder brauchen
unterschiedlich viel Zeit
- wenn ich keinen
Zwang ausübe, komme ich leichter zum Ziel, als mit Zwang
Auch wurden bei
einzelnen Kindern Veränderungen im Sozialverhalten und in der
Bewegung festgestellt.
Da die auswärtigen
erwachsenen Klient*innen heute nicht konnten, bzw. wir den
Schlingentisch wegen Stromausfall nicht nutzen konnten, war es
insgesamt ein entspannter Tag.
19. Tag, 08.03.23
Für meine Verhältnisse bin ich hier früh im Bett und schlafe
richtig gut und trotzdem: mit etwas schlechten Gewissen habe ich mir
heute früh Zeit gelassen und die Andacht geschwänzt……
Um 9 Uhr gab es Frühstück für alle und so ging es dann um 10 Uhr
ganz entspannt los.
Da ich keine Verantwortung für den Plan habe und nur ein wenig spüre
(!), kann ich von Tag zu Tag mehr loslassen und mich der hiesigen
Struktur anpassen.
Heute wollten wir unbedingt die Mütter aktiv mit einbeziehen.Dabei sollte der Vormittag schwerpunktmäßig unter dem Thema
Eigenwahrnehmung, Zentrierung und Entspannung stehen.
So kamen dann die Igelbälle in unsere Runde: erstmal einander zurollen.
Dann durfte sich jede Mama ein Ball nehmen und diesen an / auf ihren
Kind rollen, mit Ansage.
Ich widmete mich dabei Gregory. Er hatte vor allem Schwierigkeiten
bei sich zu bleiben: am wichtigsten ist die Mama (immer wieder
Rückversicherung über Blickkontakt) und überhaupt alle Dinge, die
im Raum passieren.
Ich setzte Gregory auf den Boden, direkt vor seine Mama – und so
fing ich an ihn abzurollen.
Später berollte er mit meiner Hilfe die Beine seiner Mama…
Lulu, Julius und Mesia konnten sich gut gut darauf einlassen, die
Mütter mussten immer wieder „gebremst“ werden - in der
Geschwindigkeit und im Druck auf den Ball.
Danach wurde es etwas aktiver, u.a. hatte Mesia viel Spaß am
klettern auf das Sprossendreieck mit anschließender Rutschpartie.
  |
| Mesia |
|
|
|
|
|
|
Mit Ascheria und Julius waren wir zu viert draußen und haben Ball
gespielt – mit einer lauten Lautgebung vor allem für Asche, der
wenig und ganz ganz leise spricht (lachen kann er laut….).
Am Nachmittag wurde es dann noch bewegter. Mit den Matten bauten wir
eine große Bahn auf.
Hier konnten alle soweit es geht, entlang laufen, rennen, hüpfen und
gemeinsam rollen, krabbeln und kriechen und sich sogar am Purzelbaum
versuchen. Das hat allen viel Freude gemacht!

Zwischendurch beschäftigten Kirimia und ich uns mit Lulu und Mesia.
Bei dem einen Mädchen ging es um den Boden unter den Füßen und
unter dem Becken zu spüren und bei Mesia um die knöcherne
Verbindung von Kopf, Halswirbelsäule und Brustkorb.
Mit einem gemeinschaftlichen „Berollen“ mit den Igelbällen fand
dann der Nachmittag einen ruhigen Abschluss.
Am späten Nachmittag kam noch die Frau vom Bürgermeister.
Diesmal sollte die Behandlung auf dem Bauch liegend stattfinden,
wobei noch eine dicke Deckenrolle dazwischen lag.
Kirimia und ich hatten diese Behandlungsform theoretisch und
praktisch vorbesprochen.
Anschießend bekam sie noch ein Tape im Übergang von Becken und
Rücken gesetzt.
Auch sprachen wir mit ihr über das Ergebnis der MRT-Untersuchung.
Am späten Nachmittag schlossen wir die „Pforte“.
Impressionen außerhalb des Physioraumes:
Asche hat einen Kreisel gebastelt:


So gab es auch noch Zeit um Kirimias Mutter und Schwester zu
begrüßen.
Es ist fast nicht zu glauben, dass wir das erst in den letzten Tagen
meines Aufenthaltes geschafft haben. Und natürlich haben wir auch
Kirimias Sohn Samuel gesehen.
Kirimia zeigte mir auch seine kleine Tischlerwerkstatt. Hier stellt
er unter anderem kleine pädagogisch wertvolle Spiele her als einen
kleinen Nebenerwerb.
Im Dorfzentrum machten wir noch keine Besorgungen und auch meine
Reservierung für die Busfahrt nach Daessalaam in 4 Tagen.
Das Abendessen verzögerte sich dann doch leider – Stromausfall…..
20. Tag, 09.03.23
Diesmal habe ich es zur Andacht geschafft.
Heute gibt es einen straffen Plan: neben dem Kinderseminar kommen im
Anschluss noch die 3 Klientinnen aus dem Dorf.
Kirimia hat versucht mit den Küchenfeen frühere (und pünktliche)
Mahlzeiten zu vereinbaren – das hat dann tendenziell auch
geklappt…..
Wir nahmen uns den gesamten Vormittag für die Kindergruppe Zeit.
Die Kinder eroberten sehr schnell und eigenständig den Physioraum.
Die Mütter schienen noch sehr müde zu sein – so erfolgte spontan
nur mit den Erwachsenen eine aktive Bewegungsrunde mit Bällen.
In einer ersten Runde sollten die Mütter mit ihren Kindern
selbstständig etwas ausprobieren.
Kirimia und ich gingen von Kind zu Kind, beratend, begleitend und
evtl. auch kurz behandelnd.
Danach erfolgte eine kurze Gesprächsrunde mit den Fragen:
- Wie war es?
- Was war gut?
- Was war weniger gut? Was ist schwer gefallen?
Darüber kamen wir gut ins Gespräch.
In einer 2. Runde durften die Mütter sich nochmals mit den Kindern
alleine beschäftigen, mit dem Hintergrund des erfolgten Austausches.
Außerdem verließen Kirimia und ich den Raum für 20 Minuten.
In einer 3. Runde waren die Kinder und die Mütter gleichermaßen
gefordert.
Es ging um das balancieren über Matten (schmal, erhöht und weicher
Untergrund) vorwärts, seitwärts, rückwärts sowie mit verbundenen
Augen, mit und ohne Begleitung.
Hier entspann sich dann noch ein interessanter Austausch über die
Themen „Unterstützung und Hilfe“:
- wie weit geht Unterstützung
- wann kann ich Verantwortung als hilfesuchende abgeben
- wieviel Freiraum mit Unterstützung brauche ich, damit sich etwas
neues entwickeln kann usw.
Anschließend räumten wir alle den Raum auf und gingen mit dem
Schwungtuch hinaus, um so bewegt einen Abschluss des Seminars zu
zelebrieren……..
Am Nachmittag kamen dann noch die 3 Klientinnen.
Kirimia und ich hatten zwischendurch noch Zeit, um die einzelnen
Behandlungen vor- und durchzusprechen. So ergaben sich 3 verschiedene
Behandlungspositionen: im Schlingentisch (Frau vom Bürgermeister);
in der Rückenlage, wobei eine kleine Rolle unter der Wirbelsäule
lag (Flavian) und in der Seitenlage mit einem kleinen gelben Eggball
(eiförmiger Pezziball) unter
Brustkorb und Taille (Mama Luvanda).
Später kam auch noch Asifiwe (der Tischlermeister) in den
Physioraum.
Es müssen dringend Regale für die Materialien gebaut und angebracht
werden!
Nach den Behandlungen war ich / waren wir auch gut erschöpft.
Ich setzte mich zur Entspannung in die Sonne mit Blick in die Berge
und las etwas.
Abends fiel leider mal wieder der Strom aus. Der Notstomgenerator
(über Diesel) ließ uns dennoch im hellen speisen. Anschließend
wurde das Seminar ganz offiziell beendet.
Mit einer Stirnlampe zeichnete ich im Zimmer noch einen Plan mit
Maßangaben für die Regalwand und jetzt muss ich mich beeilen die
Zeilen fertig zu schreiben, da nur noch zu 17% der Akku vom Laptop
geladen ist…..
21. Tag, 10.03.23
Für den heutigen Tag war eine letzte Tour geplant.
Das Ziel ist ein Rehabilitationscenter mit Krankenhaus „Inuka“.
Inuka liegt zwischen Makambako und Mbeya, also ca. 120 km von Tandala
entfernt (alles Asphaltstraßen).
Die Idee war, dass wir gleich nach der Andacht (8.15 Uhr) losfahren.
Das war der Plan von gestern (jedenfalls kam er so bei mir an…) und
heute musste er halt angepasst werden. Nach Andacht, Frühstück und
noch organisatorischen Dingen ging es dann kurz vor 10 Uhr los.
Die Landschaft veränderte sich radikal: noch vor Njombe ist man aus
den Bergen raus und hinter Makambako wird es flach und ganz weit.
Warum Inuka?
Das Rehacenter wurde in den letzten 10 Jahren aufgebaut und ständig
etwas erweitert, so dass auch jetzt ein klinischer Teil dabei ist.
Träger der Einrichtung ist die katholische Kirche, vergleichbar mit
dem Ikonda Krankenhaus.
Ich hatte in Deutschland über „Tanzania Network“ davon gehört
und Kirimia unter anderem von begleiteten Kindern.
Hier gibt es das Angebot, das Kinder mit Angehörige oder nur
Erwachsene für eine bestimmte Zeit hier sein können und bei Bedarf
Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Ernährungsberatung
bekommen: z.B.: alle 3 Monate für 2 Wochen.
Außerdem wird für Interessierte ein vierwöchiges Praktikum in
allen therapeutischen Bereichen angeboten (500 Euro).
Ziel unseres Besuches war über diese Angebote näheres zu erfahren
und auch aus der europäisch – therapeutischen Sicht auf die
Ausstattung und Arbeitsweise zu schauen.
Ich war von allem sehr beeindruckt!
Im Gespräch mit 2 Therapeuten (Physio + Ergo) wurde ihr
„ganzheitlicher Ansatz“ deutlich.
Beide hatten ihre Ausbildung in Tansania gemacht, jeweils als
Studium. Das heißt für eine Ausbildung gibt es hohe Anforderungen
im Vorhinein.
Nach ihrer Aussage gibt es keine Fortbildungsmöglichkeiten im
therapeutischen Bereich in Tansania.
Ich werde im Abschlussgespräch im Diakoniezentrum die Einrichtung
Inuka als Behandlungsalternative (kontinuierliche Behandlungen) und
Fortbildungsmöglichkeit für diakonische Mitarbeiter*innen oder als
Vorbereitungspraktikum für angehende Therapeut*innen vorschlagen.
Auf dem Rückweg besuchten wir noch einen mit Kirimia befreundeten
Bischof im Ruhestand und in Njombe holten wir Kirimia´s Tochter
Abigel von der Schule ab und nahmen sie für das Wochenende mit nach
Tandala.
22. Tag, 11.03.23
Gestern Abend wurde mir mitgeteilt, dass das obligatorische
Abschlussgespräch mit der Leitung des Diakoniezentrums von 10 auf 12
Uhr verschoben wird.
Heute morgen gab es nochmals eine Verschiebung auf 16 Uhr.
Kurz vor 16 Uhr kam Elikana zu mir, entschuldigte sich, weil eine
ganz dringende, nicht verschiebbare Angelegenheit unseren Termin auf
nach 18 Uhr rutschen lässt……
Mittlerweilen kann ich damit zunehmend gelassener umgehen.
Beim Abschlussgespräch soll ein Rückblick auf meinen Aufenthalt
erfolgen. Ich wurde gebeten, die physiotherapeutische Arbeit aus
meiner Sicht zu reflektieren und einen Ausblick zu wagen. Und auch
all die Dinge, die mir in den 3 Wochen im Diakoniezentrum aufgefallen
sind.
Durch die verlängerte Wartezeit konnte ich mir in Ruhe Gedanken
darüber machen und alles in den Computer niederschreiben.
So können auch alle nach dem Gespräch meine Gedanken und Ideen in
schriftlicher Form erhalten.
Gegen 18.30 waren wir dann alle zusammen.
Nach 2 Stunden waren fast alle (außer ich) sehr müde, so dass ich
nur die wichtigsten Sachen ansprechen konnte. Zwischendurch gab es zu
einzelnen Themen auch Rückfragen, so dass wir zum Teil in einen
intensiveren Austausch kamen.
Den physiotherapeutischen Bereich hatte ich schon weiter oben
(11.-13. Tag) grundlegend
beschrieben.
Hinzu kommen hier die Themen,
die die Zukunft betreffen:
- die personelle Situation:
Hilfe aus Deutschland, Aus- und Fortbildung von tansanischen
Personen, Werbung von tansanischen Fachkräften
- für eine Ausbildung in
Tansania gibt es nur die Möglichkeit eines Studiums (Bacheler- oder
Diplomabschluss.
Beides ist verbunden mit den
entsprechenden hohen Zugangsvoraussetzungen
- Fortbildungsmöglichkeiten
gibt es derzeit in Tansania nicht
Weitere Empfehlungen von
mir:
- Einrichtung von „Treatment
Camps“ (ambulante Behandlungscamps) in den weiter entfernten
Kirchenkreisen)
- in
größeren Abständen rehabilitative Angebote über 1 – 2 Wochen im
Diakoniezentrum
- weiter
Seminararbeit für Kinder mit Angehörigen
- punktuelle
Verstärkung bei Seminaren durch Fachkräfte aus dem In- und Ausland?
* Idee:
Wissenstransferbrücke Neinstedt (Deutschland) – Tandala
-
Fortbildungsangebote durch externe Fachkräfte im DZ für Therapeuten
und diakonische
Mitarbeiter
- ganz langfristig: Ausbau
des rehabilitativen Standbeines: Ergotherapie
Sonstige Themen:
Bitte um Erstellung
einer Jahresplanung
- bessere
Koordinierung und Optimierung (Quantität) von Besuchsreisen
- gezielte Unterstützungsreisen (Seminare, Treffen der diakonischen
Mitarbeiter*innen…..)
einheitliches Berichtswesen
Vorstellung eines Projektes „Herstellung von Biokohle“ aus
Ernteabfälle.
In der Regel wird mit einem Holzfeuer gekocht. Dabei entstehen viel
Rauch und giftige Gase. Außerdem ist die Beschaffung von Holz ein
zunehmend schwieriges Unterfangen – auch aus ökologischer Sicht.
In den umliegenden Ländern wird dieses punktuell bereits
praktiziert.
Wenn es gut läuft, könnte es auch zu einem Geschäftszweig werden
(Verkauf auf dem Markt)
Auch über die Landwirtschaft und die Pflege der Infrastruktur des
Diakoniezentrums kamen wir ins Gespräch.
Manches konnte leider nur angerissen werden, das Erschöpft-sein
wurde aufgrund der späten Uhrzeit doch deutlich.
Es gab dann noch ein wunderbares gemeinsames Essen, mit Dankesworten
von allen Seiten.
23. Tag, 12.03.23
Kurz nach 5 klingelte der Wecker. Kirimia holte mich um 6 Uhr ab und
brachte mich zur Busstation.
Nach 13 Stunden kam ich in Daressalam an. Ein Taxis brachte mich in
ein Hotel am südlichen Strand der Stadt.
Hier kann ich erstmal durchatmen, den Blog fertig stellen und Sedekia
treffen, der zu einer medizinischen Behandlung in Dar ist.
Schlussbemerkungen:
Dieses Mal bin ich sehr viel entspannter zurück gekommen.
Das lag vor allem daran, dass zum einen ich die Planung für meinen Aufenthalt vor Ort an das Diakoniezentrum abgegeben hatte und ich mich so entspannter auf die aktuelle Situation sowie den Arbeits- und Lebensrythmus einlassen konnte.
So ist es auch für mich ein "nehmen": wieviel kann ich loslassen und geschehen lassen im sprachlichen und handelnden Kontext. Und das wiederum wirkt weiter in meine konkrete Arbeit in der Praxis mit den Klient*innen und in mein Leben generell.
Wenn ich mir den gesamten Bereich der "sozielpädagogisch orientierten Physiotherapie" nach 6,5 Jahren anschaue, bin ich grundsätzlich beeindruckt.
Dieser Bereich hat sich in Bezug auf die ersten Überlegungen und konzeptionellen Vorstellungen vor 10 Jahren (!) sehr entwickelt - und zum Teil auch ganz anders, wie ich es mir und Kirimia es sich vorgestellt haben.
Die Seminare für Kinder und Angehörige sind vor allem unter Kirimia´s Verantwortung zu einer sehr "ganzheitlichen Arbeit" geworden. Neben der sehr konkreten Zuwendung zu den Kindern werden die Angehörigen unmittelbar mit einbezogen.
Die Beratung, Begleitung und Nachsorge für Personen, die eine orthetische oder prothetische oder operative Versorgung brauchen, ist in meinen Augen sehr gut ausgebaut und erfolgreich.
Die Hausbesuche machen auf mich einen sehr professionellen Eindruck.
Das physiotherapeutische Einzelbehandlungsangebot im Diakoniezentrum und außerhalb ist leider nicht mitgewachsen. Die Gründe dafür habe ich weiter oben bereits angeführt.
Was mich dieses Mal besonders beeindruckt hat, ist die Vernetzung / Verzahnung der diakonischen Arbeit in der gesamten Landeskirche bis hinunter in der einzelnen Dörfer / Gemeinden.
Dieses könnte noch weiter ausgebaut und effizienter gestaltet werden. Das allerdings ist auch eine Frage der Finanzen.
Zum größten Teil wird das Diakoniezentrum über Spenden finanziert. In Deutschland ist es die Aufgabe des Staates mit seinem Sozialsystem, welches so in Tansania nicht existiert. Von daher ist die diakonische Arbeit bis auf weiteres auf die Spendenbereitschaft angewiesen.
Die Hoffnung besteht, dass langfristig der Haushalt von den Einnahmen des Wasserkraftwerkes (nach Abzahlung der Kredite) entlastet wird.
Alle Partner in Deutschland garantieren, dass Spenden direkt in die diakonische Arbeit einschließlich in das Schulprogramm fließen.
Folgend einige Kontaktadressen der deutschen Partner, die in diesem Blog bereits genannt wurden:
Pro Tandala e.V. / Neinstedt im Ostharz:
Birgit Fiedler - www.neinstedt.de/esn/angebote/diakonisches-profil/Verein-Pro-Tandala.php
Kontoverbindung Pro Tandala:
Inhaber: Pro Tandala e.V.
IBAN: DE65 8105 2000 0353 0107 23
BIC: NOLADE21HRZ / Sparkasse Neinstedt
Schulprogramm:
Anne Maute-Koch - www.tandala.de/schulprogramm-karibu-shuleni/
Wasserkraftwerk:
Christoph Timme - www.tischlerei-timme.de/seite/106308/afrika.html
Zum Schluss möchte ich mich bei allen bedanken, die mich unterstützt haben, finanziell und ideell!
Gerne können auch Fragen zu diesem Projekt direkt an mich gestellt werden: torstenstrauss@feldenkrais-seminar.de
Torsten Strauß
Diakon / Physiotherapeut / Feldenkrais-Lehrer / Kinästhetik-Trainer / Heilpraktiker
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